Eigentlich hat der Tag vollkommen normal und total
unspektakulär angefangen. Ich bin ziemlich früh aus dem Bett gefallen, weil es
eben Zeit wurde, mich auf den täglichen Berufswahnsinn geistig, moralisch und auch
körperlich vorzubereiten. Mein Frühstück war ebenso einfach wie wohlschmeckend,
der Weg zur Arbeit war von geradezu unglaublicher Ereignislosigkeit geprägt
(sieht man einmal vom üblichen Prozentsatz wahnsinniger Fahrzeugführer ab), und
in meinem Büro war heute Morgen auch alles beim Alten.
Ich hätte stutzig werden sollen, als vor der Eingangstür zu dem Gebäude, in dem zu dienen und zu arbeiten ich die hohe Ehre habe, zunächst ein handwerklich genutztes Fahrzeug, dann zwei in schmutzige Arbeitskleidung gewandete, recht kräftig gebaute Herren auftauchten, die im Eingangsbereich mehrere schwere Glasscheiben, eine breite Auswahl bereits intensiv benutzter Werkzeuge sowie einige nagelneue und auf seltsame Weise vertraut geformte Stahlprofile ablegten. Aber ungeachtet der wenig subtilen, eher deutlich sichtbaren Hinweise bevorstehender handwerklicher Höchstleistung, strebte ich in der Überzeugung meinem Büro zu, dass das alles mit mir überhaupt nichts zu tun hatte.
Hatte es streng genommen auch nicht. Trotzdem wurde ich insbesondere von den Auswirkungen der komplexen Tätigkeiten am Gebäudeeingang mehr oder weniger stark tangiert.
Ich war nämlich gerade dabei, mich bei einem koffeinhaltigen Heißgetränk einer ebenso kreativen wie komplexen Schreibarbeit hinzugeben, als meine tiefe Konzentration nachhaltig gestört wurde.
Ein Stockwerk tiefer nämlich huben die beiden Handwerker an, die bisherige Eingangstür mühevoll aus ihrer Verankerung zu lösen. Solcherlei Tätigkeit geht natürlich nicht ohne eine gewisse Lärmbelästigung vonstatten, wofür ich auch rein rationell genügend Verständnis hatte. Meine emotionale Welt hingegen konnte keinerlei wie auch immer geartetes Verständnis für die lautstarke Peinigung meiner Gehörgänge entwickeln. Der Lärm diverser Stemmhämmer und Trennschleifer schrie einem in Stacheldraht gewickelten und stumpfen Sägeblatt gleich durch mein Hirn, trennte mich solcherart von jeglichem erfolgsorientierten Denken und trieb Kreativität und Trommelfell an den Rand des Tinitus.
Wohl den halben Vormittag dauerte dieser lautstarke Angriff auf Hör- und Konzentrationsfähigkeit, gegen den auch sämtliche Verteidigungsmaßnahmen wie geschlossene Türen, Ohren verstopfen oder simples Ignorieren nicht halfen. Natürlich hätte ich sowohl Büro wie auch Gebäude verlassen können. Aber die Flucht antreten? Nein, das geht nun wirklich nicht.
Aber alles im Leben hat irgendwo auch eine gute Seite, so auch diese: Immerhin war es mir vergönnt, diesen Vormittag ohne nervtötende Telefongespräche verbringen zu können, führte der handwerkliche Lärm doch unweigerlich jeden Versuch der Gesprächsaufnahme auch ohne Telefon ad absurdum. Hätte dieser Lärm geherrscht, als Philipp Reis oder Alexander Graham Bell seinerzeit ihre Erfindungen vorführten, wir würden heute wesentlich mehr Briefe schreiben! Leider nützte mir das auch nichts, denn der titanische Lärm verhinderte auch jegliche andere, auf geistige Konzentration beruhende Tätigkeit.
Irgendwann aber war es vorbei mit Trennschleifer und Bohrhammer, und in mir breitete sich die Hoffnung aus, nunmehr einigermaßen ungestört mein Tagewerk vollbringen zu können. Weit gefehlt!
Denn nun trat offensichtlich ein enthusiastischer Bildhauer auf, der sich anschickte, dem letzten Rest Mauerwerk, der der Zerstörung bisher entgehen konnte, ganz klassisch mit Hammer und Meißel den Rest zu geben. Jeder Schlag Eisen auf Eisen fuhr mir wie ein rostiges, schartiges, krummes Schwert in meine Hirnwindungen, bereit, mir ebenfalls den letzten Rest zu geben. DÄNG, DÄNG, DÄNG!!!
Meine zumindest vorläufige Rettung war die Mittagspause, die mir eine gründliche, akzeptable und allgemein angenommene Entschuldigung lieferte, die Stätte des Lärms wenigstens für eine verfressene halbe Stunde verlassen zu können. Meine Ohren wie auch mein Hirn konnten sich ein wenig erholen.
Aber irgendwann ist jede Mittagspause vorbei, und ich musste zurück in mein Büro. Auf dem Weg dorthin stellte ich erleichtert fest, dass bereits einer von zwei Türflügeln seiner Endfertigung zustrebte, was in mir den zarten Samen der Hoffnung aufkeimen ließ, dass der Lärm nunmehr Geschichte sei. Nun ja, wenigstens der Lärm des Trennschleifers hatte sich in den Urlaub verabschiedet. Aber seine Vertretung übernahmen nun Bohrhammer und Akku-Schrauber. Der von diesen Werkzeugen verursachte Lärm bohrte sich tief in meinen Kopf und hinterließ tiefe, schmerzende Löcher, als er endlich vorbei war.
Der Einbau einer mehrflügeligen Eingangstür ist eine komplexe und zeitaufwendige Angelegenheit, die völlig zu Recht von sorgfältig ausgebildetem, erfahrenem Personal durchgeführt wird. Ich bewundere und respektiere die Arbeit der wackeren Handwerker, die ich selbst so nicht ausführen könnte. Trotzdem war ich am Ende des Arbeitstages froh, die heiligen Hallen meines Arbeitgebers fluchtartig verlassen zu können. Auf dem Heimweg schaltete ich das Radio meines Autos aus, um die relative Stille in einem fahrenden Auto angemessen genießen und würdigen zu können. Denn zuhause erwartete mich der gewohnte und irgendwie auch geliebte Lärm einer liebenden Ehefrau, die mir das neueste vom Tage erzählen möchte, zweier Kinder, die das Gleiche tun wollen, und einer Katze, die mal wieder glaubt, verhungern zu müssen.
Nur eines ärgert mich ein ganz kleines bisschen. Heute Nacht, wenn das Haus ganz still ist, wenn selbst die Stadt mit all ihren Menschen und Tieren endlich schläft, werde ich die Abwesenheit des Lärms nicht genießen können. Dann schlafe ich nämlich selbst, tief und fest…
Ich hätte stutzig werden sollen, als vor der Eingangstür zu dem Gebäude, in dem zu dienen und zu arbeiten ich die hohe Ehre habe, zunächst ein handwerklich genutztes Fahrzeug, dann zwei in schmutzige Arbeitskleidung gewandete, recht kräftig gebaute Herren auftauchten, die im Eingangsbereich mehrere schwere Glasscheiben, eine breite Auswahl bereits intensiv benutzter Werkzeuge sowie einige nagelneue und auf seltsame Weise vertraut geformte Stahlprofile ablegten. Aber ungeachtet der wenig subtilen, eher deutlich sichtbaren Hinweise bevorstehender handwerklicher Höchstleistung, strebte ich in der Überzeugung meinem Büro zu, dass das alles mit mir überhaupt nichts zu tun hatte.
Hatte es streng genommen auch nicht. Trotzdem wurde ich insbesondere von den Auswirkungen der komplexen Tätigkeiten am Gebäudeeingang mehr oder weniger stark tangiert.
Ich war nämlich gerade dabei, mich bei einem koffeinhaltigen Heißgetränk einer ebenso kreativen wie komplexen Schreibarbeit hinzugeben, als meine tiefe Konzentration nachhaltig gestört wurde.
Ein Stockwerk tiefer nämlich huben die beiden Handwerker an, die bisherige Eingangstür mühevoll aus ihrer Verankerung zu lösen. Solcherlei Tätigkeit geht natürlich nicht ohne eine gewisse Lärmbelästigung vonstatten, wofür ich auch rein rationell genügend Verständnis hatte. Meine emotionale Welt hingegen konnte keinerlei wie auch immer geartetes Verständnis für die lautstarke Peinigung meiner Gehörgänge entwickeln. Der Lärm diverser Stemmhämmer und Trennschleifer schrie einem in Stacheldraht gewickelten und stumpfen Sägeblatt gleich durch mein Hirn, trennte mich solcherart von jeglichem erfolgsorientierten Denken und trieb Kreativität und Trommelfell an den Rand des Tinitus.
Wohl den halben Vormittag dauerte dieser lautstarke Angriff auf Hör- und Konzentrationsfähigkeit, gegen den auch sämtliche Verteidigungsmaßnahmen wie geschlossene Türen, Ohren verstopfen oder simples Ignorieren nicht halfen. Natürlich hätte ich sowohl Büro wie auch Gebäude verlassen können. Aber die Flucht antreten? Nein, das geht nun wirklich nicht.
Aber alles im Leben hat irgendwo auch eine gute Seite, so auch diese: Immerhin war es mir vergönnt, diesen Vormittag ohne nervtötende Telefongespräche verbringen zu können, führte der handwerkliche Lärm doch unweigerlich jeden Versuch der Gesprächsaufnahme auch ohne Telefon ad absurdum. Hätte dieser Lärm geherrscht, als Philipp Reis oder Alexander Graham Bell seinerzeit ihre Erfindungen vorführten, wir würden heute wesentlich mehr Briefe schreiben! Leider nützte mir das auch nichts, denn der titanische Lärm verhinderte auch jegliche andere, auf geistige Konzentration beruhende Tätigkeit.
Irgendwann aber war es vorbei mit Trennschleifer und Bohrhammer, und in mir breitete sich die Hoffnung aus, nunmehr einigermaßen ungestört mein Tagewerk vollbringen zu können. Weit gefehlt!
Denn nun trat offensichtlich ein enthusiastischer Bildhauer auf, der sich anschickte, dem letzten Rest Mauerwerk, der der Zerstörung bisher entgehen konnte, ganz klassisch mit Hammer und Meißel den Rest zu geben. Jeder Schlag Eisen auf Eisen fuhr mir wie ein rostiges, schartiges, krummes Schwert in meine Hirnwindungen, bereit, mir ebenfalls den letzten Rest zu geben. DÄNG, DÄNG, DÄNG!!!
Meine zumindest vorläufige Rettung war die Mittagspause, die mir eine gründliche, akzeptable und allgemein angenommene Entschuldigung lieferte, die Stätte des Lärms wenigstens für eine verfressene halbe Stunde verlassen zu können. Meine Ohren wie auch mein Hirn konnten sich ein wenig erholen.
Aber irgendwann ist jede Mittagspause vorbei, und ich musste zurück in mein Büro. Auf dem Weg dorthin stellte ich erleichtert fest, dass bereits einer von zwei Türflügeln seiner Endfertigung zustrebte, was in mir den zarten Samen der Hoffnung aufkeimen ließ, dass der Lärm nunmehr Geschichte sei. Nun ja, wenigstens der Lärm des Trennschleifers hatte sich in den Urlaub verabschiedet. Aber seine Vertretung übernahmen nun Bohrhammer und Akku-Schrauber. Der von diesen Werkzeugen verursachte Lärm bohrte sich tief in meinen Kopf und hinterließ tiefe, schmerzende Löcher, als er endlich vorbei war.
Der Einbau einer mehrflügeligen Eingangstür ist eine komplexe und zeitaufwendige Angelegenheit, die völlig zu Recht von sorgfältig ausgebildetem, erfahrenem Personal durchgeführt wird. Ich bewundere und respektiere die Arbeit der wackeren Handwerker, die ich selbst so nicht ausführen könnte. Trotzdem war ich am Ende des Arbeitstages froh, die heiligen Hallen meines Arbeitgebers fluchtartig verlassen zu können. Auf dem Heimweg schaltete ich das Radio meines Autos aus, um die relative Stille in einem fahrenden Auto angemessen genießen und würdigen zu können. Denn zuhause erwartete mich der gewohnte und irgendwie auch geliebte Lärm einer liebenden Ehefrau, die mir das neueste vom Tage erzählen möchte, zweier Kinder, die das Gleiche tun wollen, und einer Katze, die mal wieder glaubt, verhungern zu müssen.
Nur eines ärgert mich ein ganz kleines bisschen. Heute Nacht, wenn das Haus ganz still ist, wenn selbst die Stadt mit all ihren Menschen und Tieren endlich schläft, werde ich die Abwesenheit des Lärms nicht genießen können. Dann schlafe ich nämlich selbst, tief und fest…
First world problems ?
AntwortenLöschenFirst world problems? Sicher, immerhin habe ich das Glück, in eben dieser First World zu leben. Folglich muss ich mich auch mit all den kleinen und großen Wehwehchen dieser Welt auseinandersetzen. Die Probleme der Dritten Welt betreffen und beschäftigen mich an gänzlich anderer Stelle. Ich allein werde sie nicht lösen können, aber sie sorgen dafür, meine kleinen first world problems im rechten Licht zu sehen.
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