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Wie war das noch?


Jeden Monat ist es dasselbe Spiel: Kaum hat der Monatsanfang den monetären Lohn täglicher Mühe auf das strapazierte Konto gespült, rennt der verantwortungsbewusste Familienvater mit Mutti los und kauft für die Brut (und natürlich auch für das eigene leibliche Wohl) allerhand Nahrungsmittel, Getränke und Hygieneartikel ein. Am Ende einer solchen Bevorratungsoperation stehen ein hoffnungslos überfüllter Familienlaster, ein deutlich schlankeres Konto und eine EC-Karte mit deutlichen Schleifspuren. 
Im Idealfall muss diese EC-Karte in der Folgezeit nur noch selten benutzt werden, bis kurz vor Ende des Monats (so runde zwei Wochen) der Tank meines Familienlasters so allmählich trocken fällt. Ich versuche dann immer, möglichst dann zu tanken, wenn der Benzinpreis mal nicht himmelhoch steht, sondern wenigstens annähernd in Erdnähe. Manchmal gelingt es mir, manchmal ärgere ich mich nur wenige Stunden später, dass ich nicht noch ein klein wenig gewartet habe, um zwei Cent pro Liter mehr sparen zu können. Immer aber ist das Zahlungsritual dasselbe: Seit der Möglichkeit, elektronsich zu bezahlen, habe ich solch astronomische Beträge, wie sie mittlerweile zur Begleichung der Tankrechnung nötig sind, nicht mehr bar bei mir. Die Gefahr eines äußerst verlustreichen Überfalls ist einfach zu groß. Folglich bezahle ich in der Regel an der Tanke mit meiner EC-Karte. Immerhin leben wir in einer modernen, technisierten und größtenteils digitalisierten Handelswelt. Ich schiebe meine Karte also in den dafür vorgesehenen Schlitz, bestätige ein ums andere Mal, dass sich die Karte am richtigen Platz befindet, dass der Betrag der richtige ist und dass ich nunmehr elektronisch bezahlen möchte. "Bitte geben Sie Ihre Geheimzahl ein!" 

Oha, wie war die gleich noch? Nach einigem Überlegen und einem nervösen Blick auf die Schlange bezahlungswilliger Kunden hinter mir, tippe ich die vier Ziffer mit zitternden Fingern in das Gerät. 

"Ihre Eingabe war nicht korrekt. Sie haben noch 2 Versuche!"
Nun, die wollen gut überlegt sein. Wenn ich mich noch einmal vertue, schwinden meine Chancen, die Karte weiterhin zu benutzen. Außerdem habe ich kein Bargeld bei mir, aus oben bereits aufgeführten Gründen. Als vorsichtiger Bürger, der um die Gefahren von Taschenraub, Phishing und ähnliche Gemeinheiten durchaus weiß, befindet sich in meinem Geldbeutel kein Zettel mit einer vierstelligen Nummer. Außerdem bin ich mir sicher, dass die vier Ziffern, die ich da gerade eingetippt habe, stimmen. Nur über die Reihenfolge bin ich mir nicht ganz im Klaren. Nach weiterem, langem und intensiven Überlegen und einer kurzen Entschuldigung in Richtung der mehr oder weniger geduldigen Warteschlange probiere ich mein Glück mit einer Zahlenkombination, die einfach stimmen muss, sonst bin ich aufgeschmissen. Die Sekunden der Wartezeit, die zur Prüfung meiner Eingabe nun einmal notwendig ist, erscheinen mir wie Stunden. Endlich piepst das Gerät: "Bezahlung erfolgt. Bitte Karte entnehmen." Erleichterung strömt durch mein geschundenes Herz, beschwingt nehme ich Kassenbon und Quittung in Empfang, strahle die Warteschlange an und verlasse auf Wolken schwebend die Tankstelle. 
Dieses Erlebnis nahm ich zum Anlass, einmal all die Passwörter, PIN-Nummern und Zugangscodes, sammeln zu wollen, die ich im Moment so benötige, nicht nur, um meiner Familie das Überleben zu sichern, sondern auch, um meine tägliche Arbeit zu verrichten und einige Teile meiner Freizeit zu genießen. 
Es ist noch gar nicht so lange her, da brauchte man nur einen kleinen Zettel im Nachtschränkchen oder eben, wenn man ein wenig risikofreudiger war, im Geldbeutel und ein Adressbuch neben dem Telefon im Hausflur, um die wichtigsten Nummern und Namen bei Bedarf nachschlagen zu können. 
Heute haben wir die Namen im Telefon oder Smartphone gespeichert und brauchen eine Geheimzahl, um das Smartphone benutzen zu können. Dann brauchen wir ein Passwort für den heimischen Computer, für soziale Netzwerke, Internetforen, für Online-Banking und -Shopping, für tausenderlei Dinge Benutzernamen und Passwörter in rauen Mengen. Und auf der Arbeitsstelle geht es weiter: Wir brauchen unsere Personalnummern, Benutzernamen und eine weitere Reihe Passwörter, um mit dem Computer unseres Arbeitgebers zu arbeiten, um interne Netzwerke und notwendige Programme zu nutzen. 

All diese Passwörter, Benutzernamen und Zugangscodes passen nicht mehr auf einen kleinen Zettel, ich bräuchte schon ein ganzes Buch, um all die Zugänge, Passwörter, Benutzernamen und Geheimzahlen aufzuschreiben, denn im Kopf kann ich mir das alles schon lange nicht mehr behalten. Dieses Buch läge dann in meinem Nachtschränkchen, wenn es denn dort noch Platz hätte. Früher lag dort einmal ein Zettel, auf dem nichts weiter als vier Ziffern standen... 

Allerdings bin ich auch mit diesem Buch auf ein Hindernis gestoßen: Eine ganze Reihe von Passwörtern, die ich tagtäglich zu benutzen habe, um beispielsweise an meinem Arbeitsplatz wenigstens halbwegs produktiv zu sein, muss in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen geändert werden. Das eine Passwort nach vier Wochen,. das nächste nach zwei Monaten, ein anderes alle sieben Tage, und so weiter und so fort... 
Natürlich reicht es dann nicht, ein Wort zu nehmen, dass ich mir recht leicht merken kann. Im Sinne der Sicherheit in den Netzwerken müssen meine Passwörter bestimmten Konventionen folgen, damit ich sie verwenden kann: Sonderzeichen, wechselnde Groß- und Kleinbuchstaben, Zahlenfolgen und dergleichen mehr. Einen Rattenschwanz von beispielsweise "ÄöH@ro#f34l*gm9" kann ich mir einfach nicht merken. Folglich bin ich geradezu gezwungen, mir auch diese häufig wechselnden und gar nicht mal simplen Passwörter aufzuschreiben. Das wiederum bedeutete allerdings eine ganze Reihe von immer wiederkehrenden Streichungen und Neueinträgen in meinem externen Gedächtnis, wenn ich es denn schriebe. Ich bin daher dazu übergegangen, all meine Passwörter und Benutzernamen, alle Zugangscodes und PIN-Nummern in eine Tabelle einzutragen, und zwar am Computer. Denn diese kann ich übersichtlich gestalten und nach Belieben oder Notwendigkeit ändern. Es gibt keine Streichungen und, nebenbei gesagt, auch keinen Interpretationsspielraum aufgrund höllisch unleserlicher Schrift. Alles ist klar und deutlich zu lesen und jederzeit im Computer griffbereit. Ich brauche nun keine Angst mehr zu haben, ein Passwort, eine PIN-Nummer oder einen Benutzernamen zu vergessen, ich brauche ja nur in der Liste nachzuschauen. Es ist ja alles da! Und garantiert aktuell! Natürlich ist diese Datei gegen den Zugriff von außen durch ein kompliziertes Passwort geschützt. Tja, und das... hab ich vergessen. Und ich hatte es auch noch nicht auf einen kleinen Zettel geschrieben... 

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