Direkt zum Hauptbereich

Posts

Es werden Posts vom 2015 angezeigt.

Das Schlechte Gewissen

Vor etwas über zwei Jahren hatten wir unseren Sohn in der Schule angemeldet, und ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie ich mich damals fühlte. Ich erkannte die Gerüche wieder, die in den Fluren herrschten, diese Duftnoten nach kaltem Schweiß, verbrauchter Luft und Feuchtigkeit.Ich erkannte die scheinbar unvermeidlichen Wandfarben wieder, in unsäglichem Umbra, ekligem Elfenbein, grässlichem Grün, alle abwaschbar. In mir regten sich plötzlich Emotionen, wie ich sie seid bummelig dreißig Jahren nicht mehr gespürt hatte. Durch meinen Kopf gingen Gedanken wie „Ich habe meine Hausaufgaben vergessen!“ - „Hoffentlich kommt heute keine Klassenarbeit! Ich habe nicht gelernt!“ - „Hatten wir überhaupt Hausaufgaben auf?“ Kurz: Als ich mit Frau und Kind vor über zwei Jahren vor dem Büro des Rektors stand, um unseren Sohn anzumelden, war ich das personifizierte schlechte Gewissen.* Und ich kenne kaum einen Menschen, dem es in ähnlicher Lage nicht genauso gegangen wäre. Vor ein paar Tagen wu

Faszination Hörspiel

Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten. Die Entwicklung unserer beiden Kinder auch nicht. Wenn wir bisher längere Autofahrten gemacht haben, konnten sich Fürst Guckmalda und Lady HäWasistdas immer hervorragend auf ihren Rücksitzen beschäftigen, indem sie einfach die Wunder der vorbeiziehenden Welt andächtig beobachteten und kommentierten. Für noch längere Autofahrten hatte ich mal in einem Anfall von finanzieller Unzurechnungsfähigkeit ein mobiles DVD-Bildschirm-System erstanden, um den Kindern die Zeit mit Bob, dem Baumeister, Bibi Blockberg oder den gesammelten Kinoerfolgen von Walt Disney zu vertreiben. Nun sind unsere beiden Thronfolger aber wieder ein Stück gewachsen, haben sich weiterentwickelt und, was die ganze Sache dann ein wenig komplizierter machte, sich eigene, recht unterschiedliche Interessen zu eigen gemacht. Diese unterschiedlichen Interessen führten in der letzten Zeit zu erheblichen Streitigkeiten auf den hinteren Sitzreihen, weil Lady IchwilleinPferdhaben die

Wir werden reis/ reich!

Inzwischen ist es schon einige Jahre her, dass meine geliebte Ehefrau und ich uns ein Häuschen zugelegt haben, um unserer kleinen Familie ein angenehmes Dach über dem Kopf zu verschaffen. Mit dem Häuschen kam natürlich auch ein Garten, der damals, als wir das Haus kauften, zwar nicht mehr taufrisch, aber trotzdem irgendwie gemütlich aussah. Und es machte uns viel Freude, bei gutem Wetter und warmem Sonnenschein die lange vernachlässigte Pflanzenpracht wieder auf Vordermann zu bringen. Wie sich zeigte, war der kleine Brunnen, der sich ziemlich genau in der Mitte unseres Gartens in die Tiefe bohrt, eine ganz ausgezeichnete Idee, bot er doch jeden Tag genug Grundwasser, um die Pflanzen ordentlich zu gießen. Wir brauchten nicht einmal einen Wasserhahn. Es war einfach schön! Als der Sommer langsam seinen Urlaub antrat und der Herbst kam, um ihn würdig zu vertreten, bekamen wir allmählich eine Ahnung, welchen Sinn der Brunnen mitten im Garten tatsächlich hatte. Der erste Herbststurm,

Und jetzt?

Hemingway kannte es. Tolstoi wahrscheinlich auch, Melville ganz sicher. Irgendwo habe ich mal von einem Autoren gelesen, der von sich sagte, pro Tag etwa 400 Worte zu schreiben. „So ein Witz!“, dachte ich da. Immerhin schreibe ich, wenn ich endlich mal wieder dazu komme, immer so um die tausend Worte. Aber ich beschäftige mich ja auch nicht mit tiefgehender Recherche, einem Spannungsbogen über mehrere Zeitabschnitte, hab auch keine ausgefeilten, sich ständig entwickelnden Charaktere und brauche auch nicht unbedingt auf Logik, Sinn und Zusammenhang achten. Ich schreibe ja nur kleine Geschichten. Aber – einfach ist auch das nicht.  Seit einer gefühlten Ewigkeit nun habe ich nichts mehr zu Papier gebracht und auch keine Geschichte mehr in den Blog gestellt. Ich weiß nicht, wie es der kleinen Schar meiner Leser geht, aber ich finde das sehr schade. Ich würde gern mal wieder eine lustige Geschichte schreiben, etwas, das ein Lächeln auf die Gesichter der Leser zauber

Und wann wird die Wäsche gewaschen?

„Aus großer Macht wächst große Verantwortung.“ Das hat Onkel Ben gesagt. Nein, nicht der mit dem Reis, sondern der Onkel von Spiderman. Und wie das so ist mit älteren Herren, sie haben oft sehr recht.  Ich bin ja Mitglied einer Generation, die sich gewissermaßen direkt auf einem technischen Grabenbruch befindet. Als Kinder haben wir alle noch draußen in Feld, Wald und Wiese gespielt, waren für unsere Eltern stundenlang nicht erreichbar und haben im Sommer vormittags das Ferienprogramm von ARD und ZDF geschaut. Und ein bisschen später kamen erst der eigene PC, dann die Handys und so weiter, bis zur heutigen Moderne, in der ich mich via social media, Smartphone, Smart-TV, Tablet und sprechendem Kühlschrank durch die freie Informationswelt des Internets bewege. Und unsere Kinder wachsen bereits ganz selbstverständlich mit Facebook, Twitter und dem ganzen anderen mehr oder weniger sinnreichen Kram auf*. Am unteren Ende der modernen Leiter stehen nun die Eltern

Donnerwetter

Einer der Nachteile des Schichtdienstes ist es ja, zu Zeiten arbeiten zu müssen, an denen der Rest der Bevölkerung sich eher der Erholung hingibt. Aber ab und zu ist es auch mir, trotz mehr oder weniger regelmäßig wechselnder Arbeitszeiten, gegönnt, an einigermaßen „normalen“ Zeiten zuhause zu weilen und so vollkommen normalen Tätigkeiten wie Sofaliegen, Fernsehen und Schlafen im eigenen Bett zu gesellschaftlich anerkannten Zeiten nachzugehen. Eigentlich verlief dieser Abend genau so, wie ich ihn mir schon lange mal wieder gewünscht hatte. Irgendwann am späteren Nachmittag entließ mich mein Arbeitgeber aus den Mühlen des Werktages, und nach kaum eine dreiviertel Stunde nervenzermürbender Autofahrt durch den Feierabendverkehr, vorbei an verwirrten Touristen, selbsternannten Verkehrserziehern und hektischen Paketfahrern, konnte mich meine Familie zuhause gebührend in Empfang nehmen. Natürlich verlangten die Kinder ihren durchaus berechtigten Teil meiner Aufmerksamkeit, und auch meine g

Die Wahrheit...

„Kindermund tut Wahrheit kund!“ sagt der Volksmund, und der muss es ja wissen. Ich allerdings inzwischen auch. Sich mit Kind und Kegel durch die Gesellschaft zu bewegen ist mal gar nicht so einfach, wie es aussieht. Natürlich sollen die Kinder äußerlich schon mal einen guten Eindruck machen, und so werden sie in saubere Klamotten gestopft, die Haare gebürstet und die Gesichter geschrubbt. Aber natürlich sollen die Kinder auch durch eine gute Erziehung glänzen, weshalb Vater und Mutter abwechselnd oder gemeinsam vor dem Nachwuchs stehen und von gutem Benehmen, der Wichtigkeit der Worte „Bitte“ und „Danke“ und über so komplizierte Dinge wie „Rücksichtnahme“ dozieren. Ein bisschen was bleibt über die Jahre ja auch hängen. Bis dahin müssen wir Eltern ab und an aber auch Blut und Wasser schwitzen.   Da stehe ich zum Beispiel unschuldig mit Sohnemann in der Schlange vor der Kasse und überschlage im Geiste schon mal die horrende Summe, die zu übereignen ich in wenigen Augenblicken gezwung

Ein echtes Mädchen, irgendwie...

Unsere Tochter ist schon ein Früchtchen. Eigentlich ist sie ja unsere Prinzessin, und alles an ihr schreit auch mehr oder weniger deutlich „Achtung, hier kommt ein Mädchen!“ Blonde, lange Haare, blaue Augen, ein niedliches Lächeln und ein hübsches Gesicht. Gut, die eigenen Kinder sind immer die schönsten, aber in diesem Falle bin ich durchaus überzeugt, dass auch unvoreingenommene, objektive Beobachter unsere Tochter als wohlgestalt bezeichnen würden. Allerdings hat unsere Prinzessin einige absolut ganz und gar nicht mädchenhafte Züge. Dazu zählen zum Beispiel unzählige blaue Flecken und ein undurchdringliches Muster an Kratzern und Macken an allen Extremitäten, die sie sich auf ihrem Weg durch sämtliche Hecken und auf alle Bäume dieser Stadt hart und ohne Murren erarbeitet hat. Zuweilen stammen diese Blessuren aber auch von den Lektionen, die sie jenen unwissenden Knaben erteilt, die bis dahin glaubten, ein schwaches Mädchen ärgern zu können. Die schnelle Rechte unserer Tochter is

Das Lied von Eis und Feuer

Eines meiner liebsten Hobbies ist ja das Lesen. Ich glaube, ich schrieb das schon mal irgendwo. Dabei fängt das Vergnügen ja schon an, wenn ich im Buchladen meines Vertrauens stehe und das nächste Werk, das zu lesen ich beabsichtige, sorgfältig auswähle. Es gibt ja Menschen, die sich dabei von irgendwelchen Bestseller-Listen oder Bewertungen leiten lassen. Das sind sicher nicht die schlechtesten Entscheidungshilfen, wenn man so gar nicht weiß, was man lesen soll, aber ich brauche so etwas nicht. Ich konsultiere das Titelbild und den Klappentext und ignoriere die auf der Rückseite gedruckten Lobeshymnen. Gefällt mir, was ich das lese und sehe, blättere ich bis zum Prolog oder dem ersten Kapitel. Ein Buch, das mich hinsichtlich Thematik und Klappentext interessiert, muss es nun schaffen, mich mit den ersten Sätzen zu überzeugen. Wenn mir der Schreibstil des Autors (oder des Übersetzers, auch das macht viel aus!) gefällt, ist das Buch so gut wie gekauft. Vor einigen Wochen musste ich doc

Einkaufen!

Früher war es einfacher. Da hat man die Kinder im Kinderwagen gefesselt, den Wagen in ausreichender Entfernung von verlockenden Angeboten positioniert und konnte so genüsslich und beinahe ungestört einkaufen. Aber die Kinder werden ja größer. Irgendwann passen sie einfach nicht mehr in den Kinderwagen, und man muss sie frei laufen lassen. Dann ist es gut, wenn man den quasi-zeitlosen Ortswechsel beherrscht und die Hand unter dem Gurkenglas hat, bevor es, von zarten Kinderhänden aus dem Regal geschoben, auf dem Boden des Supermarktes aufschlägt. Es dauert natürlich eine kleine Weile, bis unsere kleinen Thronfolger das Prinzip „Nur anfassen, wenn du es auch kaufen willst!“ auch verinnerlicht haben. Aber sobald das passiert ist, steht die nächste evolutionäre Phase in der Menschwerdung an:  Der Umgang mit Finanzmitteln – Kapitel 1: Einkaufen. Genau da sind wir jetzt. Es ist immer wieder das gleiche, wenn wir einkaufen gehen. Kaum schreiben lieb Frauchen und i