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Einkaufen!

Früher war es einfacher. Da hat man die Kinder im Kinderwagen gefesselt, den Wagen in ausreichender Entfernung von verlockenden Angeboten positioniert und konnte so genüsslich und beinahe ungestört einkaufen. Aber die Kinder werden ja größer. Irgendwann passen sie einfach nicht mehr in den Kinderwagen, und man muss sie frei laufen lassen. Dann ist es gut, wenn man den quasi-zeitlosen Ortswechsel beherrscht und die Hand unter dem Gurkenglas hat, bevor es, von zarten Kinderhänden aus dem Regal geschoben, auf dem Boden des Supermarktes aufschlägt. Es dauert natürlich eine kleine Weile, bis unsere kleinen Thronfolger das Prinzip „Nur anfassen, wenn du es auch kaufen willst!“ auch verinnerlicht haben. Aber sobald das passiert ist, steht die nächste evolutionäre Phase in der Menschwerdung an: 
Der Umgang mit Finanzmitteln – Kapitel 1: Einkaufen.
Genau da sind wir jetzt.

Es ist immer wieder das gleiche, wenn wir einkaufen gehen. Kaum schreiben lieb Frauchen und ich die Meter lange Einkaufsliste für den nächsten Konsumexzess, springen Prinz Daswünschichmirschonlange und Prinzessin Dasbrauchichunbedingt im Dreieck und freuen sich eine weitere Körperöffnung in den Leib. „Wir gehen einkaufen!“Im Anschluss an den Freudentanz flitzen beide zu ihren Sparschweinen und berauben sie deren gesammelten Innereien. Spätestens hier greifen dann die beiden Alttiere ein und setzen durch, dass jeder Jungkonsument maximal zwei Euro ausgeben darf. Gewissenhaft werden die Reichtümer durchforstet, und es dauert immer wieder eine kleine Weile, bis man Sohn wie Tochter klar gemacht hat, was ein Cent bedeutet und was ein Euro, und das zwei Ein-Euro-Münzen das gleiche sind wie eine Zwei-Euro-Münze: „Aber er hat zwei Geld und ich nur eins!“ Das wird noch lange dauern, bis die beiden das begriffen haben… 

Aber irgendwann stehen wir dann im Laden, die Eltern bewaffnet mit Einkaufsliste, Einkaufswagen und Geldbörse, die Kinder mit Kleinbeträgen in den feuchten Händen und purer Gier im Blick. Inzwischen haben wir uns darauf geeinigt, dass zuerst die Pflicht kommt, also der Familieneinkauf, dann das Vergnügen, also das Kauferlebnis der Kinder.
Nur allzu schnell ist unser wie immer viel zu kleiner Einkaufswagen gefüllt mit allerlei Grundnahrungsmitteln, ein klein wenig Ernährungsluxus und all den anderen kleinen und größeren Dingen, die man so als Familie braucht. Es wird also, zumindest nach Meinung unserer Nachwuchskonsumenten, höchste Zeit, den infantilen Konsumbedarf zu befriedigen. Prinz Daswollteichschonimmer stürzt sich mitsamt Schwester in die kleine Spielwarenabteilung, schnappt sich ein halbes Dutzend Spielzeugautos, einen Stapel Lego-Bausätze verschiedener Größe sowie diverse StarWars®-Kleinteile, die er ja schon immer haben wollte und UN-BE-DINGT braucht. Währenddessen kann sich Prinzessin Kannichdasbittehaben nicht zwischen Filly, Hello Kittie, Barbie und verschiedensten, bunten und mehr oder weniger kindgerechten Schmuck- und Glitzersteinchen entscheiden. Typisch Frau. Letztlich stellt sie mit lauter Stimme fest: „Das sind alles meine Lieblingsspielsachen! Die nehm ich alle mit!“
Prinz und Prinzessin reagieren beide ein bisschen ungehalten, als ihre treusorgende Mutter mal eben vorrechnet, wie viel Geld jeder von ihnen bezahlen müsste, erlaubten wir ihnen, alles mitzunehmen, was sie derzeit in den völlig überladenen Händen halten. Aber nach einigen Minuten hitziger Diskussionen und einigen unangenehmen Entscheidungen schieben Prinz Dasistgemein und Prinzessin Ichwillaber missmutig aber ordentlich ihre Beute wieder in die dafür vorgesehenen Regale und lassen sich danach mit hängenden Köpfen von mir in die Süßwarenabteilung führen. Das bringt die gute Laune natürlich sofort zurück, jedenfalls so lange, bis ich ihnen nun vorrechne, wie viel sie da eigentlich in den Armen halten. Zwei Euro sind heutzutage eben gar nicht mal so schrecklich viel Geld. Am Ende können wir uns alle auf je zwei Tüten verschiedener Süß- und Gummiwaren pro Kind einigen, was auch hervorragend in die kindlichen monetären Möglichkeiten passt.
Glücklicherweise hat der Supermarkt unseres Vertrauens nur eine wirklich kleine Spielwarenabteilung. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn wir mit den Kindern in einen richtigen Spielwarenladen einfallen! 

Angesichts dieser, zugegebenermaßen recht kleinen, Herausforderungen sind lieb Frauchen und ich manchmal doch recht froh, wenn wir mal ohne die Kinder einkaufen gehen können. Vor ein paar Tagen war es mal wieder so weit. Nach jahrelangem klaglosen Gebrauch war der Fangkorb unseres Rasenmähers am Ende seiner Leistungsfähigkeit angelangt und musste ersetzt werden. Also wanderten meine liebste Ehefrau und ich an einem schönen Vormittag, an dem die Kinder in Schule und Kindergarten beschäftigt und unter fachgerechter Aufsicht waren, in unseren Lieblingsbaumarkt, um das dringend benötigte Ersatzteil zu erstehen. Wie konnte es auch anders sein, das Teil lag natürlich nicht in einem der unzähligen Regale. Aber ein Rasenmäher stand da! Erstaunlich große Schnittbreite, elegant im Design, mit kräftigem Motor, schön sauber und mit einem schönen, großen und vor allem intakten Fangkorb! Ich war begeistert! Das kleine Gerät kostete gerade mal einen knappen halben Tausender, mehr nicht. Aber aus irgendeinem Grunde weigerte sich meine Frau, dem Kauf zuzustimmen, und zerrte mich zu einem Kundenberater. Dieser gar nicht nette Mann schlug sich doch tatsächlich auf die Seite meiner Frau und bot mir an, das benötigte Ersatzteil zu bestellen. Dass selbiges Teil nicht mal ein Zehntel des wunderschönen, sehr neuen Rasenmähers kostete, stimmte mich nur in beschränktem Maße milde. Aber na gut, was tut man nicht alles für eine gute Partnerschaft. Da muss man auch mal nachgeben müssen.
Auf dem Weg zur Kasse entdeckte ich in einem der Gänge eine Schlagbohrmaschine, die ich mir schon immer gewünscht hatte! Natürlich schaute ich sie mir genau an, studierte die Leistungsdaten der Maschine, bewunderte die haptischen Eigenschaften, betrachtete das funktionale Design, und plötzlich lag diese ebenso schöne wie praktische Schlagbohrmaschine in meinem Einkaufswagen. Meine Frau sagte nichts, nahm ihr Handy heraus und tippte. Bei der näheren Betrachtung der Schlagbohrmaschine fiel mir eine Stichsäge gleich daneben auf, von der ich schon immer gesagt hatte, dass ich so eine UN-BE-DINGT brauche. Auch sie wanderte in den Einkaufswagen, während meine Frau schon wieder auf ihrem Handy herum tippte. Na ja, Frauen und ihr Vergnügen…
Siedend heiß fiel mir ein, dass unser olles Bandschleifgerät, das nun schon jahrelang im Keller auf seinen Einsatz wartete, wahrscheinlich auch nicht mehr so richtig funktionieren würde, und wie es der Zufall wollte, fand ich genau das richtige Maschinchen, das dann sogleich der Sammlung im Einkaufswagen hinzugefügt wurde. Das gleiche Schicksal ereilte einen Kompressor, einen Hochdruckreiniger, einen Werkzeugkasten mit 78 Premium-Werkzeugen im Porsche-Design, ein Stromerzeugeraggregat (3000 Watt), eine elektronisch gesteuerte Betonmischmaschine, einen elektrischen Fliesenschneider, einen ebenfalls elektrischen Fuchschwanz und ein 12-teiliges Elektrowerkzeugset, komplett mit Laserentfernungsmesser und Laserwasserwaage. Und während ich mit glänzenden Augen den dringend benötigten Ausbau unserer noch gar nicht existierenden Kellerwerkstatt gewissenhaft vorantrieb, spielte meine Frau die ganze Zeit auf ihrem Handy herum. Sie hätte mir auch ein bisschen helfen können! Das sagte ich ihr dann auch, worauf sie zuckersüß lächelte und mir ihr Handy unter die Nase hielt. Auf dem Display leuchtete eine irrsinnig hohe vierstellige Zahl, die mir den kalten Schweiß auf die Stirn trieb und die ich mir absolut nicht erklären konnte. Das konnte allerdings mein lieb Frauchen, indem sie wortlos auf jedes einzelne Preisschild deutete, das sie in meinem Einkaufswagen finden konnte. Na gut. Vielleicht könnte ich ein oder zwei Dinge im nächsten Monat kaufen. Also gut, drei! Herrjeh! Ich kann doch nicht alles…! Aber ich brauche doch…! Och, menno!
Es half alles nichts.
Tief enttäuscht brachte ich meine Beute zurück in die Regale, während das Lächeln meiner Frau mit jedem, so dringend gewünschten Artikel, den ich aus dem Einkaufswagen sammelte, immer breiter wurde. Da stand ich nun in der Schlange vor der Kasse, und hatte nichts im Wagen und nur eine schnöde Bestellung über einen langweiligen Fangkorb in der Hand. So ein leerer Einkaufswagen vor der Kasse ist so ziemlich das deprimierenste, was sich der Einzelhandel nur vorstellen kann. Und das wollte ich den wackeren Verkäuferinnen an den Kassen nun wirklich nicht antun! Ich entdeckte in einem der Regale direkt vor der Kasse eine ausgesprochen praktische Taschenlampe mit modernster LED-Technik für nur 3,99€ (inkl. Batterien) und schaute meine liebste Frau verzweifelt an. Sie lächelte und ließ mich gewähren. Der Tag war gerettet! Mein Konto übrigens auch…
Aber irgendwann geh ich nochmal alleine in den Baumarkt! Und dann…!

Kommentare

  1. Oh man - wie der Prinz und die Prinzessin, so der König. *lach*

    Schon mal dran gedacht die ganzen Geschichten in einem Buch unterzubringen?
    Dein Schreibstil ist einfach genial und würde ein Buch mit den ganzen Geschichten jede Seite mit einem Lächeln, wenn nicht sogar mit breitem Grisen, füllen.

    Wünsche eine schöne Woche!

    Liebe Grüße aus WHV,
    Su

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    Antworten
    1. Vielen Dank für deine lobenden Worte. Das tut mir gut! :-)
      Ja, ich hab schon mal daran gedacht, das alles in einem Buch unterzubringen. Irgendwann, wenn ich die Zeit und die Muse dafür habe, werde ich das auch tun. Aber im Moment gibt es einfach wichtigeres...
      Ich wünsche Dir auch eine tolle Woche!
      Liebe Grüße zurück aus FL.
      guetti

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