oder: Wie mache ich eigentlich meine Bilder?
Eigentlich ist es
ganz einfach! Ich schnappe mir meine Kamera und gehe hinaus in die
Welt.
Irgendwo wird sich schon ein schönes Motiv finden!
Während ich aber noch vor gar nicht allzu langer Zeit eher nach dem
Motto „Ein Motiv! ERLEGT ES!“ agiert und alles, was mir
vor
die Linse kam, ohne groß zu überlegen auf dem Sensor eingefangen
habe, bin ich mittlerweile doch ein bisschen aufmerksamer geworden.
Zum Glück, möchte ich sagen.
Ich gehe immer noch gerne auf‘s
Geradewohl hinaus in die Welt und suche mir mein Motiv, aber wenn ich
jetzt eines finde, mache ich erst mal eine kleine Pause. Was ich sehe, ist
nicht länger ein absolutes Motiv, sondern eines, das möglich ist.
Und dann bewege ich mich um das Motiv herum, suche nach einem schönen
Blickwinkel, nach Linien und Formen, und vielleicht sehe ich sogar
eine kleine Geschichte in dem Motiv. Und erst dann macht die Kamera
„Klick!“.
Ich bin der Überzeugung, dass sich meine Art zu fotografieren seither deutlich verbessert hat. Jedenfalls machen mir die Bilder mehr Spaß, und das ist für mich das wichtigste Kriterium.
Dann gibt es da aber
noch die anderen Bilder. Die, die mir nicht auf einem Spaziergang
begegnen, sondern deren Thema mir von anderen gegeben werden. Nehmen
wir mal die im Titel angesprochenen Herbstgefühle. Das ist ein
Thema, das mir der Fotograf Tilman Köneke (https://tilmankoeneke.de/)
im Rahmen einer Challenge gegeben
hat.
Die Aufgabe war, in einem Bild auszudrücken, was der
Herbst für uns bedeutet, und welche Bilder in unseren Köpfen
entstehen, wenn wir an den Herbst denken. Die Schwierigkeit dabei
war: Bitte kein Klischee-Bild! Damit fiel das jährliche Pilzbild für
mich genauso aus der Wertung wie die vielen Bilder von goldenem,
roten Laub, stimmungsvollen, kühlen Sonnenauf- und -untergängen und
ähnliche Motive, die wir alle schon gesehen haben.
Was also
fotografieren? Ich dachte nach, was der Herbst denn so mit sich
bringt.
Das Wetter wird langsam ungemütlich, die Herbststürme
kommen. Das Laub verfärbt sich und die Welt wird auf eine andere,
kühlere Weise bunt als im Frühjahr und Sommer. Als Kind bin ich mit
Großeltern und Eltern unterwegs gewesen und hab Pilze gesucht… Und
bei jeder Idee dachte ich mir: „Klischee, Klischee, Klischee…“
Aber ein Gedanke blieb im Kopf und wanderte zwischen den
Hirnwindungen hin und her: Es wird kalt und ungemütlich da draußen,
insbesondere hier am Meer! Und was macht der Mensch, wenn es draußen
ungemütlich wird? Er zieht sich in die Wärme und Gemütlichkeit
seines Heimes zurück!
Die Quintessenz von Wärme und
Gemütlichkeit sind für mich gute Musik, ein gutes Buch und eine
Tasse Heißgetränk, also Kaffee oder auch ein schöner Tee.
Na, da ist es doch! Mein Motiv! Jetzt musste ich es nur noch ins Bild bringen.
Die Musik lassen wir
mal außen vor. Sie bildlich darzustellen habe ich schlicht noch
nicht gemeistert…
Aber Bücher habe ich reichlich, und das
mit dem Kaffee oder Tee sollte sich auch machen lassen.
Ich mag
es, meine Bilder ein wenig zu inszenieren, also mehr oder weniger
kleine Szenen mit recht wenigen Mitteln, die sich im Haus finden
lassen, aufzubauen, auszuleuchten und zu knipsen.
Ich wählte eines meiner alten Bücher aus, weil diese mit ihren schweren Seiten, dem Gilb und den kunstvollen Einbänden einfach mehr nach „Buch“ aussehen, als die heutigen glatten, weißen, leichten Bücher. Dazu eine meiner geliebten Blechtassen und noch ein paar kleine Accessoires, und schon hatte ich ein nettes Bild:
Aber um ehrlich zu sein, das war mir immer noch ein wenig zu nah am Klischee…
Die ursprüngliche
Idee behielt ich bei, im zweiten Versuch fügte ich noch eine sehr
menschliche Komponente hinzu: Meine liebe Frau erklärte sich
bereit, mir als Model zu dienen.
Zusammen mit einem
urgemütlichen Sessel, einer ebenso gemütlichen Decke und einigen vom
ersten Versuch schon bekannten Utensilien stellte ich also ein neues
Bild zusammen. Was konnte gemütlicher, wärmer und herbstlicher sein
als in warmen Licht der Leseleuchte ein gutes Buch zu lesen?
Natürlich mit einem warmen Tee!
Aber… so richtig zünden wollte dieses Bild auch nicht. Immer, wenn ich mir das Bild anschaute, fragte ich mich, wo es sich von all den bekannten Bildern absetzt. Und ich kam regelmäßig zu dem Schluss: Gar nicht!
Eine neue Idee wurde gebraucht.
Manchmal hilft es in
solchen Momenten, die Suche einfach mal zu unterbrechen und sich mit
anderen Dingen zu beschäftigen. Das tat ich dann auch. Das Wetter in
der letzten Zeit hatte sich nicht unbedingt dazu geeignet, vor die
Tür zu gehen. Immerhin war Herbst!
An einem Nachmittag aber
hatte das Wetter ein Einsehen mit mir und es benahm sich einigermaßen
angenehm. Ich schnappte mir Frau, Kinder und Kamera und ging mit
ihnen spazieren. Und zwar am Meer, genauer gesagt, auf der Halbinsel
Holnis, kurz hinter Glücksburg an der Flensburger Förde.
Natürlich
habe ich reihenweise Herbstbilder machen können, von fantastisch
gefärbten Laub, von einem erstaunlich schönen Sonnenuntergang, von
Pilzen und windgeschüttelten Bäumen. Das ganze Klischeeprogramm
rauf und runter!
Und dann zeigten
sich mit einem Mal und völlig unerwartet riesige Schwärme von
Gänsen, die in den Sonnenuntergang flogen! Das war mein Bild! Das
war mein Herbst! Diese großen Vogelschwärme, die in meiner Kindheit
über unser Dorf hinweg in den Süden zogen, während ich aus dem
Fenster schaute, einen heißen Kakao in der Hand!
Wenn ich
heutigen Tages zur Arbeit fahre (oder auch zurück nach Hause), sehe
ich die Schwärme auf den abgeernten Äckern sitzen und fressen, bis
sie sich auf ein geheimes Zeichen hin alle schreiend und
flügelschlagend erheben und ihren Flug nach Süden fortsetzen.
Kein
Bild kann für mich den Herbst besser beschreiben als dieses der
Vögel, die sich auf den Weg machen, raus aus der Kälte und rein ins
Warme. Wir Menschen machen es nicht anders, aber unser Weg ins warme
Wohnzimmer ist kürzer.
Die Challenge läuft noch bis Ende November. Wer daran teilnehmen möchte, mag sich einfach bei mir melden. Ich schicke euch dann gerne eine Einladung zur FB-Gruppe!
Ich bin sehr gespannt, wie mein Bild abschneidet!
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