Sherlock Holmes hat einmal gesagt:
„Wenn man alle Möglichkeiten ausgeschlossen hat, so muss das
Unmögliche, so unwahrscheinlich es klingt, die Lösung sein.“
Der Mann weiß gar nicht, wie recht er
hatte!
Vor ein paar Tagen entdeckte meine heißgeliebte Ehefrau
im Badezimmer Lücken in den Fugen, was angesichts des
fortgeschrittenen Alters unseres Regenzimmers auch kein Wunder ist.
Die Lösung unseres kleinen handwerklichen Problems hieß Silikon,
weshalb wir kurzerhand den Baustoffhändler unseres Vertrauens
aufsuchten und mit einer Tube Silikon ins Bad zurückkehrten. Meine
Frau ist in handwerklichen Dingen um Längen geschickter als ich, und
daher nahm sie das Heft in die Hand und beauftragte ihren
Göttergatten, die zur Bewältigung der Aufgabe nötigen Utensilien
bereitzustellen. Das merkwürdige Gerät, vermittels dessen der
Tubeninhalt in die Fuge gepresst wird, war schnell gefunden und
bereitgestellt. Auch einige Rollen Küchenpapier und eine klein
Schale Spülwasser sowie Kreppband waren schnell zur Hand. Allerdings
verlangte meine Frau auch noch nach einer Schachtel mit
Silikonabziehern. Das sind, sagen wir mal, Spachtel, mit denen die
gelartige Masse in Form und Fuge gebracht werden kann, um sich nicht
die Finger schmutzig machen zu müssen.
Ich wusste sehr genau, dass
wir im Besitz einer solch genialen plastilinen Erfindung sind, aber
leider überhaupt nicht mehr, wo ich selbige deponiert hatte. Nun
halten sich handelsübliche Werkzeuge in einem durchschnittlichen
Haushalt meist im Keller auf, folgerichtig begann ich die Suche also
in den dunklen Katakomben unseres eigenen Kellers. Mit Taschenlampe,
langen Fingern und viel Hoffnung durchsuchte ich gründlich mehrere
Meter Regal, etwa ein Dutzend Kisten und Kartons und mehr Ecken, als
man gemeinhin in einem solchen Raum vermuten würde. Ich fand einige
Dinge, die ich vor langer Zeit einmal dringend gebraucht hätte, wenn
ich sie damals gefunden hätte, irrsinnig viele Sachen, deren
Betrachtung mich in Erinnerungen an längst vergangene Zeiten
schwelgen ließen, und erstaunlich viele Dinge, von denen ich gar
nicht wusste, dass wir so was haben. Einen gewichtigen Teil meiner
Beute brachte ich schwitzend und stolz ans Tageslicht, was mir
allerdings den durchaus berechtigten Unmut meiner Fugenmeisterin
einbrachte, denn das so dringend benötigte und so verzweifelt
gesuchte Utensil war nicht dabei. Die Beute wanderte zu meinem großen
Bedauern wieder in den dunklen Keller...
Nach diesem
wahrscheinlichsten Aufenthaltsort der Spachtel durchsuchte ich
weitere Orte, an denen ich mit einiger Berechtigung fündig zu werden
hoffte. Zunächst durchsuchte ich die Laube, in der sich für
gewöhnlich allerlei mit verschiedenen Gewerken in Verbindung
stehende Gegenstände befinden, dann Dachboden, Küche, Wohnzimmer
und sogar Badezimmer. Als alle Möglichkeiten, das ersehnte Werkzeug
zu finden, erschöpft waren, besann ich mich der eingangs erwähnten
Worte des Meisterdetektivs aus der Bakerstreet. Es war eigentlich
völlig unmöglich, ausgeschlossen, dass eine Durchsuchung
auch nur eines Kinderzimmers Erfolg haben könnte. Was sollten die
Kinder denn auch mit diesen Spachteln? Außerdem habe ich die Dinger
noch nie auch nur in der Nähe der Kinderzimmer gesehen. Andererseits
hat lieb Töchterchen da so ein ganz spezielles Hobby...
Wie der geneigte Leser bereits weiß,
sammelt Madam Dasbrauchichaber grundsätzlich alles ein, was sich
auch nur ansatzweise in der Reichweite ihrer unzähligen Tentakeln
wagt. Glücklicherweise befindet sich die Privatsphäre unseres
Nesthäkchens noch in der Entwicklungsphase und beschränkt sich bis
dato noch beinahe ausschließlich auf das Badezimmer. So hatte ich
dann auch nur wenig Bedenken, ihr Refugium dezent, aber dennoch bis
in die letzte Ecke gründlich zu durchsuchen. Also forschte ich in
der üblichen Anzahl von Schränken und Kommoden, aber auch dahinter,
dann unter dem Bett und in ungefähr siebenundneunzig Taschen,
Beuteln und weiteren tragbaren Behältnissen unterschiedlichster
Machart und Größe. Was ich fand, waren unzählige Haargummis,
Heerscharen von Stofftieren, Armeen aus Legosteinen, Unmengen von
Mützen, Fluten von Schals, Halstüchern, Handschuhen und Strümpfen,
aber nicht einmal ansatzweise etwas, was auch nur im Entferntesten
Ähnlichkeit mit den gesuchten Spachteln hätte.
Meiner
handwerkelnden Ehefrau blieb nun nichts anderes übrig, als das
Silikon mit den bloßen, zarten Fingern zu verarbeiten, während ich
zähneknirschend ob meiner erfolglosen Suche stumm daneben stand und
Werkzeug, Lappen und Spülwasser anreichte.
Sherlock Holmes hatte
wohl doch nicht recht. Aber wahrscheinlich greift hier auch ein ganz
anderes Gesetz:
Das, was du gerade jetzt dringend brauchst, wirst
du erst finden,
wenn du eher schlechten als rechten Ersatz geschaffen
hast und (und das ist wichtig!)
du etwas völlig anderes, wahnsinnig
wichtiges suchst...
aber nicht findest.
„Suchet, so werdet ihr finden,“
sagt die Bibel. Das eine muss aber nichts mit dem anderen zu tun
haben.
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