Direkt zum Hauptbereich

Rollenspiele

Als sich vor einigen Jahren ein kleines Wunder ereignete und mein Sohn sich anschickte, diese Welt zu erobern, betrachtete ich eine erste Ultraschallaufnahme von ihm und dachte mir: "Mein Sohn! Irgendwann rennst du durch die Welt, die Taschen voller Steine, Schrauben, Schnur, Kaugummi und allem anderen, was man so braucht, und erlebst ein Abenteuer nach dem anderen."
Ich sehe meinen Sohn aufwachsen, erlebe seine kleinen Abenteuer mit und erlebe, wie er älter wird, Interessen entwickelt und wieder ablegt, wie er wächst und gedeiht.
Ein wenig später nur machte sich meine Tochter ebenfalls auf den Weg, dieser Welt ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Und wieder sinnierte ich beim Anblick des Ultraschallbildes: "Meine Tochter! Eine Welt in Rosa, mit Pony, Püppchen und Barbie."
Und auch sie sehe ich aufwachsen und erlebe ihre Streifzüge mit dem Puppenwagen, ihre derzeitige Vorliebe für Handtaschen und die täglichen kleinen und großen Revierkämpfe mit ihrem Bruder.

Gewissermaßen scheint der Weg vorgezeichnet. Unsere Kultur und Tradition führt zu einem festgefügten Bild, wie sich ein Junge zu verhalten hat und was ein Mädchen ausmacht. Jungs sind blau, draugängerisch, abenteuerlustig und spielen Streiche. Mädchen sind rosa, niedlich, spielen mit Puppen und weinen viel. Was in der Folge, also in der Zukunft dazu führt, dass aus Jungs echte Männer und aus Mädchen eben Frauen werden. Hier die Axt, das Auto, die Muskeln, dort der Kochlöffel, der Kinderwagen, Brust, Beine und Po.
Manchmal aber bekommt dieses Bild Risse, und dann entsteht ein völlig neues Bild, erst recht in unseren modernen Zeiten mit Emanzipation, Alice Schwarzer und Frauenquote.
Na gut, mein Junge trägt meist blaue Kleidung, macht Unsinn und spielt am liebsten mit Autos. Aber er ist auch sehr sensibel, ziemlich launisch und manchmal eine richtige Zicke. Während meine Tochter zwar Rosa trägt, mit Puppen aber nicht wirklich viel anfangen kann. Dafür aber ist sie der Draufgänger mit einem Haufen Unsinn im Kopf.
Meine Vorstellungen, die ich mir einmal von meinen Kindern gemacht habe, verändere ich beinahe Tag für Tag. Und es tut mir nicht mal leid! Mein Sohn, den ich als "Dennis the Menace" gesehen habe, als Klettermaxe mit Zwille, als Cowboy oder Soldat, erscheint mir  nun eher als Schöngeist, der sich am Anblick von Tieren und Pflanzen erfreut, als feinfühliger Philosoph, der nur zu gern in seiner eigenen Gedankenwelt lebt. Während seine Schwester schweren Schrittes durch die Welt stapft, als wäre es ihre eigene. Meine Tochter hat nichts als Unsinn im Kopf und die Hosentaschen voller Steine, Knöpfe, Schnüre und Sand. Während mein Sohn vor dem Baum sinniert, warum er da steht und was er da macht, versucht sich meine Tochter bereits schreiend vor Vergnügen am Aufstieg.
Eines Tages, da sind sich meine beste Frau von allen und ich uns einig, wird unser Sohn mit einem Strauß Blumen nach Hause kommen, während unserer Tochter die Fahrradkette aus der Tasche baumelt.
Oder vielleicht auch nicht. Denn immer, wenn ich denke, dass Sohn und Tochter die Plätze getauscht haben, klettert er die Schränke im Haus rauf und runter, während sie versonnen ihre Handtasche packt und ihre Püppchen umsorgt.
Bereit, die Welt zu erobern!

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Heilig Abend

Dunkel ist die Nacht,  fast kein Auge wacht. Nur die Hirten auf der Erden  lagern wachend bei den Herden, reden von dem Herrn,  ob er wohl noch fern.  Und ihr Auge weint.  Siehe, da erscheint in den Höhen Licht und Leben. Siehe, tausend Engel schweben von den lichten Höh'n, herrlich anzuseh'n! Und ein Engel spricht: "Fürchtet Euch nur nicht! Siehe, ich verkünd'ge heute allen  Menschen große Freude,  deren werden soll alle Welt noch voll.  Und vergesst es nie,  denkt dran spät und früh: Euch. ihr Sünder, die verloren,  ist der Heiland heut' geboren,  Christen, Euer Herr! Fürchtet Euch nicht mehr!" Dies ist ein altes Volkslied aus Pommern. Die Zeit des Gebens, des Liebens, der netten Worte, der Stille, der besinnlichen Momente. Die Zeit des Träumens, des Wünschens, des Beschenktwerdens, der erfreuten Gesichter. Ich wünsche Euch allen Frohe Weihnachten! 

Heiße Kartoffel im Mund?

Die heiße Kartoffel im Mund sagt man ja den Dänen nach, wenn man ihnen zuhört. Na ja, das ist immerhin eine Abwechslung zum dänischen Nationalgericht Hot Dog. Die Speisekarte ist also eher kurz geraten, ganz im Gegensatz zu den Franzosen, wo zur ewig langen Speisekarte noch der unvergleichliche Klang hinzukommt, wenn der Ober ( garçon) die Speisenfolge vorliest. Das klingt dann wie ein lustvolles Versprechen auf stundenlangen beiderseitigen Hormonaustausch.  Wie bin ich jetzt darauf gekommen? Ach ja, Kartoffeln und Hot Dogs!  Unsere Kinder haben das besondere Vergnügen und die große Chance, zweisprachig aufzuwachsen.  Hier im Haus versuchen die Eltern verzweifelt, ihren Sprößlingen in Deutsch klarzumachen, was wir wollen, im Kindergarten ( børnehave) dagegen lernen sie, die Kindergärtnerinnen auf Dänisch irre zu machen. Und natürlich versuchen wir Eltern unser Bestes, mit dem Dänisch der Kinder mitzuhalten, schon allein, um sie zu verstehen, wenn sie vom børnehave erzählen. Aber auc

KLANGSALAT - Daughter

Daughter - Elena Tonra, Igor Haefeli und Remi Aquilella Da denkt man manchmal, man hört was absolut neues, dann ist es das nicht mal. Nun gut, gemessen an AC/DC oder den Rolling Stones ist das Londoner Trio um Sängerin Elena Tonra, Gitarrist Igor Haefeli und Schlagzeuger Remi Aguilella brandneu, denn Daughter gründete sich gerade mal im Jahre 2010. Ihr erstes, ernstzunehmendes Album If you leave brachte das Trio 2013 heraus, und stellte sich damit in die Fußstapfen anderer Indie-Bands von der Insel wie The XX oder Cocteau Twins.   Vom Debütalbum If you leave möchte ich euch heute Smother vorstellen, der Song, durch den ich vor ein paar Tagen erst auf die Band Daughter aufmerksam geworden bin, und der meiner Ansicht nach der Höhepunkt des Albums ist. Das Album ist gar nicht so übel, auch wenn ihm ein bisschen der Tiefgang und die Professionalität fehlen. Aber es hörenswert und macht neugierig auf das derzeit aktuelle Album Not to disappear . Mal sehen, ob ich d